Agilität stellt die Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Mittelpunkt. Dies wird manchmal als „Laissez-Faire” (also lange Leine oder gar keine Leine) missverstanden. Da kommt es teilweise zu spöttischen oder – noch schlimmer: ernstgemeinten - Aussagen wie: „Ich komme heute später zum Meeting, wir sind ja jetzt agil” oder „Herr Meier hat nur den halben Report fertig, aber das macht nichts, wir sind ja jetzt agil.”

Eigenverantwortung, selbstständiges Entscheiden, agile Netzwerke und flache Hierarchien brauchen zum Funktionieren jedoch in vielen Punkten das Gegenteil von Laissez-Faire. Sie brauchen verbindliche Absprachen und disziplinierte Zusammenarbeit. Die Freiheit der Eigenverantwortung braucht ein hohes Pflichtbewusstsein gegenüber dem Ziel, nicht gegenüber dem Prozess. Das ist ein entscheidender Unterschied.

Drei wichtige Orientierungspunkte im agilen Arbeiten sind: Timeboxing, Definition of Done und das sog. MVP (Minimum Viable Product). Lassen Sie sich nicht von den Anglizismen irritieren. Noch ein genereller Kommentar: Unserer Ansicht ist vieles neu und manches nicht. Aber agile Methoden und agiles Arbeiten lediglich als alten Wein in neuen Schläuchen abzutun wäre nicht zutreffend.

Worum geht es beim Timeboxing? Klassische Planung sieht so aus, dass eine, mehrere oder zahlreiche Aufgaben, Aktivitäten oder Teilschritte definiert und die hierfür benötigte Dauer abgeschätzt. Soweit so gut. Nur gibt es hierbei vor allem zwei Probleme:

Problem Nr. 1: Wir Menschen sind im Allgemeinen sehr schlecht darin, die Dauer einer Aufgabe realistisch einzuschätzen – dies reicht von der Dauer, die die Beantwortung einer E-Mail benötigt, über einen Projektschritt bis zum Bau eines Flughafens. Mal sind wir deutlich schneller (auch das kommt vor), mal brauchen wir deutlich länger. Im Schnitt unterschätzen wir die Dauer deutlich.

Problem Nr. 2: Die Welt wird immer komplexer. Wir haben immer mehr Arbeitsteilung somit Schnittstellen, immer mehr Informationen und Abhängigkeit sowie Unerwartetes. Somit wird es auch immer schwerer, die Dauer einer kleineren oder größeren Aufgabe realistisch abzuschätzen.

Beim Timeboxing ist es genau andersherum als in der klassischen Planung. Man definiert eine bestimmte Dauer, bspw. 15 Minuten für ein Meeting oder 14 Tage für einen sog. Sprint in einem Projekt. Dann überlegt man sich, was man realistisch in dieser Zeit schaffen kann. Das löst natürlich die Probleme der schlechten Schätzungen und der schlechter werdenden Schätzbarkeit. Aber es gibt mehrere Faktoren, die hierbei begünstigend wirken: Zum einen sind die Zeiteinheiten kürzer. Zum anderen sind diese immer gleich lang, also bspw. immer 15 Minuten oder immer 14 Tage. Hierdurch kann man – und das ist Teil des agilen Arbeitens – klar sehen, ob die Menge für die Timebox realistisch war. Zudem stellt sich meistens der Ehrgeiz bei einer Einzelperson oder einem Team ein, die letzte Timebox „zu schlagen“, d.h. besser zu werden, d.h. mehr Arbeitseinheiten zu schaffen.